Praxisbeispiel: Kaufvertrag bei fehlender Unternehmensbewertung
Mittwoch, 17.03.2021
Ein Gastbeitrag von RA Uwe Schmidt
Im konkreten Praxisbeispiel war ein mittelständisches Ingenieurbüro in Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu übergeben. Die Verkäufer waren natürliche Personen. Bei der Käuferin handelt es sich ebenfalls um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Erfolgsvermittler GmbH bat uns um die Gestaltung des Unternehmenskaufvertrages aus Verkäufersicht.
Vertraglich auszugestalten war ein klassischer Share-Deal. Besonderheit war in diesem Fall, dass sich die Vertragsparteien ohne Unternehmensbewertung auf einen Kaufpreis geeinigt hatten. Problematisch war, dass damit die klassischen Kaufpreisänderungsklauseln nicht zur Anwendung kommen konnten. Üblicherweise hätte es bei Abweichungen der vertraglichen Beschaffenheit des Unternehmens oder der Nichteinhaltung von Garantien oder sonstigen Zusicherungen im Kaufvertrag eine entsprechende Kaufpreisreduktion gegeben. Hier war allerdings der vorher feststehende Kaufpreis nicht an eine Unternehmensbewertung angelehnt. Es war daher unmöglich, pauschal zahlenmäßige oder prozentuale Reduktionen vorzunehmen. Dies hätte den Verkäufer erheblich benachteiligt. Er hätte im Worstcase keine Zahlung erhalten.
Gelöst wurde das Dilemma durch einen sehr weitgehenden Haftungsausschluss für den Verkäufer und eine Begrenzung der Kaufpreisreduktion bei Abweichungen der vertraglichen Beschaffenheit des Unternehmens oder der Nichteinhaltung von Garantien oder sonstigen Zusicherungen im Kaufvertrag.
Die Haftung des Übergebers wurde auf wenige Garantien betreffend den Status der GmbH begrenzt. Es wurden zum Beispiel bestehende Aufträge, Mitarbeiter und Jahresabschlüsse zugesichert. Risiken hinsichtlich abgearbeiteter Aufträge und zukünftiger Gewinnaussichten wurden ausgeschlossen.
Die Kaufpreisänderung wurde auf einen Bruchteil des Kaufpreises begrenzt. Zeitlich wurden, soweit rechtlich zulässig, kurze (Verjährungs-)Fristen gewählt.
Ergebnis war eine ausgewogene Mischung aus Kaufpreis und Risiko, mit dem alle Vertragsparteien zufrieden waren.
Fazit: Zu empfehlen ist in jedem Fall der Unternehmensnachfolge eine Unternehmensbewertung. Auch wenn die üblicherweise nach den etablierten Bewertungsmethoden (Ertragswertverfahren, Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF-Methode), Substanzwertverfahren) errechneten Kaufpreise am Markt selten zu erzielen sind: Sowohl Käufer als auch Verkäufer haben einen Anhaltspunkt, von dem die Verhandlungen beginnen können. Anderenfalls besteht das Risiko einer erheblichen Übervorteilung einer Vertragspartei.
Information zum Autor:
RA Uwe Schmidt ist als Partner bei der Kanzlei
SMF Rechtsanwälte & Steuerberater regelmäßig im Bereich Unternehmenstransaktionen und -gründung tätig.
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